Namen - Ihre Entwicklung, Ihre Herkunft

 

Josef Giesen

Ruf- und Familiennamen sind individuelle Bezeichnungen, quasi Merkmale, die jeden von uns das ganze Leben begleiten. Gleichzeitig sind sie Personengruppenmerkmale. Der Name weist uns als Mitglied einer bestimmten Familie aus und nicht selten zeigt er auch den Platz in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen.
Der Name ist in der Regel das älteste familienkundliche Dokument, auf das wir zurückgreifen können.
Vor der uns heute vertrauten Zweinamigkeit waren die Menschen, wie auch heute noch in kleinen Gruppen, Familien, Vereinen,o.ä. einnamig.  Dort ist ein Franz Müller als Franz klar identifizierbar und wird auch so angesprochen.
Ein wesentlicher Grund, den Rufnamen umfassend informelle Beinamen zuzuordnen, war etwa ab dem 9.-10.Jh. das Anwachsen der europäischen Bevölkerung (Ursache?) und damit verbunden zunehmende Verwaltungsaufgaben. Die zunehmende Bevölkerung, vor allem in den Städten, führte zur Verwendung von charakterisierenden Beinamen. Diese Gewohnheit breitete sich von Italien und Südfrankreich kommend im 12. Jh. Im deutschen Sprachraum, und dort zuerst in den Städten, aus. Aus mehreren Vertretern z.B. mit dem Namen Everart wurde Everart der Smit (Schmied) oder Everart der Küper (Böttcher, Faßbinder)1.
Mit den Erfordernissen verschiedene Personen eindeutig zu kennzeichnen ging nun nicht unbedingt ein Zwang zur Verfestigung, d.h. zur Vererbung der Beinamen und zur Bildung der Familiennamen einher. Praktische Erfordernisse, so z.B. um Erbansprüche gelten zu machen, waren es, die diese Entwicklung förderte. Bis auf einige Ausnahmen2 hatte sich bis zum 17.Jh.der Prozeß des Übergangs von veränderlichen Beinamen zu erblichen Familiennamen im deutschen Sprachraum, ausgehend von den Städten, nachhinkend auf dem Lande, weitgehend durchgesetzt hatte.

 

Die Entwicklung in unserer Region zeigen Namenslisten aus verschiedenen Jahrhunderten. Die wahrscheinlich älteste (um 1200) ist die Namensliste einer Matthiasbruderschaft aus dem Konzener Land  (Quadflieg, Eberhard) 
Ein Ausschnitt aus der Namensliste

Matthias1

"Überschaut man diese Liste, so fällt sofort auf, dass hier die althochdeutschen, aus dem Germanischen stammenden Rufnamen, …, das absolute Übergewicht haben." 

 Ein Ausschnitt aus Listen von 1551 / 1553 (Hans Steinröx) 4


15511553

Beispiele für Zweinamige spekulative Adaptation Beispiele für informelle Beinamen
oder Einnamigkeit 
witzer theis Mathias Witzerath   Merthen up dem roetgen
gruwell Jan Johann Greuel peter in eisscheitt  
Jan Jon Johann Johnen   Der Jung Jocop
pieren hein Heinrich Pier hennes  
seruas heinrich Heinrich Servais tursgen  

 

Gegenüber der Matthiasbruderschaftsliste von Beginn des 13.Jh. hat die Zweinamigkeit  zugenommen, hat sich jedoch nicht vollständig durchgesetzt.

Als Letztes sollte eine Namensiste aus  einer Erbhuldigung aus dem Jahre 1730 / 1731 angeführt werden (Hans Steinröx)
Huldigung ldorf 1730


Die Beispiele zeigen, dass die Namen eine langdauernde Entwicklung durchliefen. Von der Einnamigkeit im Mittelalter zeigt sich eine Entwicklung über informelle Beinamen  Zweinamigkeit aus Ruf und Familiennamen.

Die Bildung der Familiennamen

a) aus Rufnamen

Eine bis in germanische Zeiten zurückreichende Tradition ist es, Beinamen als Vatersnamen (patronymisch) oder nach Muttersnamen (metronymisch) zu bilden.
Die im Westen Deutschlands häufige Form patronymischer Namensbildung leitet sich nach folgendem Muster ab, z.B. aus Mathias, Serverins Sohn, wird Mathias Serverins. Die Familienzugehörigkeit wird durch die Genitivform (wessen Sohn?) des Vaternamens ausgedrückt.7 

Beispiele für diese Namensbildung aus Lammersdorfer Kirchenbüchern und der umliegenden Region sind zahlreich:
Heinrichs, Steffens (von Stefans), Mertens (von Martins), Krings (von Quirinus), Frings (von Serverins), Huppertz (von Huberts), Peters, Hermes (von Hermanns) Gerhards, Lennartz ( von Leonards), Johnen (von Johannes). Verbreitung des Namens Johnen


Verbreitung des Namens Jansen

Aus dem Nordwesten und Norden stammen patronymische Bildungen auf -sen ,z. B. Jansen (von Jans Sohn), Dreesen (von Andreas Sohn), Clasen (von Nikolaus Sohn), Theisen (von Matthias Sohn). Eine metronymische Bildung ist Niesen (von Agnes Sohn).
Die beiden Karten zeigen die Häufigkeit der Namen Jansen und Johnen. Beide Namen sind vom Rufnamen  Johannes abgeleitete Familiennamen. Die Häufigkeitsverteilung von Namen kann, wie in diesem Beispiel, etwas  über die Herkunft der Namensträger aussagen.

 

 

 

b) nach Herkunftsorten und Wohnplätzen
Hier seien folgende Namen Beispiele: Strauch, Paustenbach, Harpers (nach Harperscheid, Ortsteil von Schleiden), Linzenich (nach Linzenich, Ortsteil von Zülpich), Maubach, Hürtgen, Breidenich8 (nach von Breinig bei Kornelimünster), Titz, Bürvenich, u.a.

Ein Beispiel für einen Wohnplatznamen wäre der in unserer Region häufig Namen Wollgarten, im 18.Jh. auch Wohlgarden (von guter Garten) geschrieben

c) nach Berufen oder Ämtern

Der Sensenschmied aus Ammans Buch der Stände 1568

Berufe bilden die ergiebigste Quelle für die Namensbildung und umgekehrt bilden Namen einen musealen Schatz spätmittelalterlicher Berufsbezeichnungen.
Beispiele:
Schmitz, Schmidt, o.ä. ( vom Schmiedehandwerk abgeleitet) , Müller; Küpper ( rheinische Bezeichnung für einen Böttcher oder Faßbinder), Offermann ( = Küster). Breuer ( Brewer, abgeleitet vom Beruf des Brauers), Hamacher ( Hersteller von Hamen, Kummets, Pferdegeschirr) Förster, Graff, Leufer, Kremer, Kutscher, Radermacher, Stollenwerk, Leister, u.v.a.

 

d) aus Übernamen.

Übernamen sagen etwas über den Namensgeber aus, Beispiele sind Brun, Braun Schwarz, Klein, Groß, Jung, Stoltz, u.a.



1) Das Bedürfnis, bestimmte Gruppen / Sippen als solche zu kennzeichnen, entstand sicher nicht nur wegen verwaltungstechnischer Erfordenrnissen, sondern hat historisch tieferreichende Wurzeln. So kennzeichnet best. Personen, die im altgermanischen Hildebandslied auftreten, die Endsilbe -brant, Hildebrant, Hadubrant,etc. Auch die fränkischen Merowingerkönige kennzeichnet der gleiche Anlaut im Namen, Childerich, Chilperich,etc (s.Gottschald, Deutsche, Namenskunde,&.Aufl. S.46)
2) z.B. Jüdische Familiennamen, Familiennamen in Friesland, die z.T. erst im 19.Jh. eingeführt wurden
3) Quadflieg, Eberhard; St.Matthias-Bruderschaft zu Konzen  1150/1200 im Eermit am Hohen Venn Jg.28 1956 S.54
4) Hans Steinröx; Steuerlisten des Amtes Monschau aus dem Jahre 1551.II im Eermit am Hohen Venn Jg.31 1959 S63
5) Hans Steinröx; Erbhuldigungen im Jahre 1730/31 im Eermit am Hohen Venn Jg.26 1954 S82ff 6)> Von Hocke, Hucke mhd. Verkaufsstand der Kleinhändler, davon abgeleitet die Namen Hake, Hückler, Hickler, u.a. (s.Gottschald, Deutsche, Namenskunde,&.Aufl. S.253)
7) Die genitivische Kennzeichnung der Familienzugehörigkeit findet man in hiesigen Kirchenbüchern des 18.Jh. häufig, z.B. Schiffers Nell, Junnens Tring, u.a. Im hiesigen Dialekt wird der Genitiv bei Familiennamen, die auf -er enden durch die Endsilbe - isch gebildet, z.B. Schiffisch, Nell, Crimisch, Tring, in den meisten anderen Fällen aber durch angehängtes -s, z.B. Wildens, Bäb, Kleins, Nett, Jungs, Johann
8) http://de.wikipedia.org/wiki/Breinig


Quellen:

Gottschald, Deutsche Namenskunde 6. Auflage, deGruyter
Duden, Lexikon der Familiennamen
LVR; Alltag im Rheinland; Aus der Werkstatt eines Historischen Rheinisch-Westfälischen Bei- und FamiliennamenbuchesKirchenbücher - Dörfer bei Simmerath; Vol 86 Edition Brühl, Patrimonium Transkriptum Verlag

Kirchenbücher -  Simmerath; Vol 179 Edition Brühl, Patrimonium Transkriptum Verlag

Zur Namenshäufigkeit und Verteilung: http://infolux.uni.lu/familiennamen/lfa/

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